
„Erste Energiegemeinschaft der Schweiz – gegründet in Wislig“
Letzte Woche ist ein kleines Stück Energiezukunft Wirklichkeit geworden. Die erste Energiegemeinschaft der Schweiz wird jetzt Realität: Die „Energiegemeinschaft Wislig“ ist als Genossenschaft im Handelsregister eingetragen. An der feierlichen Gründungs- veranstaltung vom 27. März haben bereits über 70 Personen einen Anteilsschein erworben und machen damit deutlich: Sie wollen gemeinschaftlich einen Beitrag an die Energiewende leisten.
Breit abgestützt: Vertreter von Kirche bis Turnerverein
Dass in Weisslingen nicht nur geredet, sondern gemacht wird, zeigt die beeindruckende Liste an Teilnehmern. Sie beinhaltet Unterstützer des Turnvereins und die reformierte Kirchgemeinde macht gleich selbst mit. Der grösste Landwirtschaftsbetrieb der Gemeinde nimmt Teil, sowie beinahe alle Mitglieder des Gemeinderats. Dieses breite Engagement ist kein Zufall – sondern Ausdruck eines tief verankerten Willens, Weisslingen aktiv, gemeinschaftlich und nachhaltig zu gestalten.
Patrick Geiser, Gemeinderat und Verwaltungsratspräsident der neuen Genossenschaft, bringt es auf den Punkt: „Die lokale Stromproduktion reduziert die Abhängigkeit von externen Energiequellen, entlastet das Netz und die Wisliger profitieren von tieferen Gebühren. Die Energiegemeinschaft verbindet unsere Gemeinde!“
Solarstrom aus Wislig – für Wislig
Ziel der Energiegemeinschaft ist es, möglichst viel Strom lokal zu produzieren, zu speichern und direkt in der Gemeinde zu verbrauchen. Dazu sollen in einer ersten Phase rund 50 Dächer mit Solarpanels ausgestattet werden – darunter auch gemeindeeigene Gebäude, landwirtschaftliche Betriebe, Geschäfts- und Privathäuser. Die Investitionen der ersten Phase sind derzeit mit ca. 5 Millionen Franken budgetiert.
Die Genossenschaft stellt einen Teil des Eigenkapitals bereit. Für weiteres Eigenkapital wird lokalen Investoren die Möglichkeit geboten, direkt in das Projekt zu investieren. Fremdkapital wird von Banken mobilisiert.
Ein System, das miteinander denkt
Was die Energiegemeinschaft besonders macht, ist nicht nur die lokale Produktion, sondern das intelligente Zusammenspiel aller Beteiligten: Haushalte mit PV-Anlagen speisen Strom ins System ein, Betriebe mit Tagesverbrauch nutzen ihn direkt – und eine gemeinsam betriebene Gross-Batterie speichert Überschüsse. Die gesamte Infrastruktur wird zentral gesteuert. Die Verbrauchsdaten werden laufend gemessen, analysiert und geregelt – so entsteht ein intelligentes, digitales System, das sowohl ökologisch als auch ökonomisch Sinn macht.
Die Idee dahinter: Wenn mittags die Sonne scheint, aber niemand zu Hause ist, soll der Strom nicht einfach ins Netz, sondern z.B. direkt in eine benachbarte Schreinerei fliessen. Diese zahlt einen fairen Preis – und der Strom bleibt lokal. Weniger Verluste, weniger Netzbelastung, mehr Wertschöpfung im Dorf.
Ein Vorbild mit Strahlkraft
Weisslingen ist damit schweizweit Pionierin. Doch bereits stehen die nächsten Gemeinden in den Startlöchern – etwa Wila, wo man in einem halben Jahr am gleichen Punkt stehen möchte. Die Idee hat Potenzial: ein innovatives System, getragen von lokalen Akteuren, mit starkem Nutzen für alle.
Die Energiegemeinschaft ist dabei nicht auf Solarstrom beschränkt und strebt auch keine vollständige Autarkie an. Wasserkraft soll – vor allem im Winter – integriert werden. Sogar Technologien für saisonale Speicher werden laufend geprüft. Auch mit dem zuständigen Elektrizitätswerk des Kantons Zürich (EKZ) soll eng zusammengearbeitet werden.
Der Aufbau der Energiegemeinschaft ist durch eine gelungene Symbiose von Einwohnerinnen und Einwohnern, Gemeinderat und dem externen Dienstleister und Know How-Lieferant InPowers AG gelungen. Frei von Partikularinteressen konnte so schnell eine grosse und engagierte Gemeinschaft gebildet werden. Das gut funktionierende Zusammenspiel dieser Gruppen ist entscheidend, um eine grosse Energiegemeinschaft zu bilden - was sich wiederum positiv auf die Effizienz der Stromproduktion auswirkt.
Offen für alle, jetzt mitmachen!
In Zeiten von globalen Herausforderungen zeigt Weisslingen, dass die Energiewende vor Ort beginnt – mit Engagement, Vertrauen und einem klaren Ziel: Strom aus Wislig, für Wislig. Die Energiegemeinschaft steht allen in der Gemeinde offen – sei es für Strombezug, für die Vermietung von Dachflächen, die Einspeisung von Solarstrom aus bestehenden Anlagen, für Investitionen oder freiwillige Mitarbeit. Wer noch mitmachen möchte, kann dies jederzeit tun. Für eine unverbindliche Interessen- bekundung stehen Formulare bereit (https://inpowers.ch/formulare-eg8484/). Alle Interessenten werden darauf kontaktiert und mit Statuten und Anmeldeformular dokumentiert. Ein Anteilsschein kostet 1’000 Franken – und steht für viel mehr als nur eine Teilnahme: Er steht für ein gemeinsames Bekenntnis zu einem sauberen, lokal verankerten und zukunftssicheren Stromsystem.
Präsident Patrick Geiser beim handschriftlichen Unterzeichnen der Gründungszertifikate. Foto: André Gutzwiller